Während das Wohnen im Tiny-House immer beliebter wird, schreckt die Bürokratie noch manche Interessenten ab. Auch für unsere Tiny-Häuser haben wir bei unserem Messeauftritt in Berlin viele Fragen erhalten, was rechtlich beachtet werden muss. Das Abstellen des Mini-Hauses auf Rädern an einem beliebigen Ort ist attraktiv, aber für dauerhaftes Wohnen müssen ähnliche Vorgaben wie bei Wohnhäusern eingehalten werden. Wir schauen uns in diesem Artikel näher an, wann eine Baugenehmigung bei einem Tiny-House Pflicht ist und worauf du vor dem Aufstellen des Mini-Hauses achten solltest.
Achtung: Wir haben für diesen Artikel lange recherchiert und zuständige Behörden kontaktiert, um zuverlässige Informationen zu einer erforderlichen Genehmigung für das Aufstellen eines Tiny-Hauses zu erhalten. Trotz dieser Anstrengungen können wir keine Gewähr geben, dass die hier aufgeführten Informationen korrekt sind. Deshalb solltest du dich auf jeden Fall bei der Gemeinde vor Ort informieren, welche Anforderungen sich für dein Tiny Haus ergeben.
Wann ist das Aufstellen eines Tiny-Hauses ohne Baugenehmigung möglich?
Tiny-House als Wochenendhaus nutzen
Das Aufstellen eines Tiny-Hauses ist ohne Baugenehmigung möglich, wenn die Nutzung als Wohngebäude einem Wochenendhaus gleichzustellen ist. So gilt in Brandenburg gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 1 der Brandenburgischen Bauordnung (BbgBO), dass Wochenendhäuser mit weniger als 50 m² Grundfläche und einer Höhe von maximal 4 Metern keine Baugenehmigung benötigen. Allerdings trifft dies nur zu, wenn der geplante Aufstellort des Mini-Hauses bereits in einem Gebiet für Wochenendhäuser oder auf einem behördlich genehmigten Platz liegt. Andernfalls ist eine Baugenehmigung notwendig und muss in einem entsprechenden Verfahren beantragt werden. Ob in deinem Bundesland oder deiner Gemeinde, die als Aufstellort für das Tiny-House geplant ist, andere Regeln gelten, kannst du bei der zuständigen Bauaufsicht erfragen.
Dauerhaftes Wohnen auf dem Campingplatz
Viele Anfragen zu Tiny-Häusern haben wir erhalten, die an einem dauerhaften Wohnen auf dem Campingplatz interessiert waren. Hier benötigst du zwar keine Baugenehmigung, wenn dein Mini-Haus ähnlich wie ein Wohnmobil auf Rädern abgestellt wird, musst allerdings viele andere Faktoren beachten. So gibt es in Deutschland eine Meldepflicht, laut der du deinen festen Wohnsitz der zuständigen Meldebehörde mitteilen musst. Gute Nachrichten für Camper gibt es mit § 20 Bundesmeldegesetz (BMG), wonach auch „Wohnwagen […] als Wohnungen anzusehen [sind], wenn sie nicht oder nur gelegentlich fortbewegt werden.“ Es ist anzunehmen, dass durch den Paragrafen Wohnmobile und Tiny-Häuser ebenfalls abgedeckt werden.
Ob du jedoch einen Wohnsitz auf dem Campingplatz anmelden kannst, hängt von den lokalen Vorgaben des Bundeslandes oder der Gemeinde ab. In Potsdam wird das dauerhafte Wohnen auf dem Campingplatz nach unseren Informationen für unzulässig erklärt. Wohnst du in einem anderen Bundesland, musst du auf den jeweiligen Flächenplan für den Campingplatz achten. Lediglich bei der Lage in einem Wohn- oder Mischgebiet stehen die Chancen gut, dass eine Nutzung für dauerhaftes Wohnen von der Gemeinde erlaubt wird. Viele Campingplätze befinden sich allerdings in Sondergebieten, die höhere Einschränkungen beinhalten. Hier kommt § 12 Abs. 7 Baugesetzbuch (BauGB) ins Spiel, wonach „in bisherigen Erholungssondergebieten […] auch Wohnnutzung zugelassen werden [kann.]“
Zuletzt muss auch der Campingplatz, auf dem du dauerhaft wohnen möchtest, die Zustimmung zur Anmeldung als Wohnsitz geben. Viele Stellplätze werden nicht an Dauercamper vergeben, sodass es vom jeweiligen Campingplatz abhängt, ob du dort dein Tiny-House langfristig abstellen und als Hauptwohnsitz nutzen darfst. Hier musst du im Voraus mit dem Campingplatz Kontakt aufnehmen, sobald alle anderen behördlichen Hürden geklärt sind.
Wann wird für das Tiny Haus eine Baugenehmigung benötigt?
Für das Aufstellen eines Tiny-Hauses benötigst du eine Baugenehmigung, wenn das Mini-Haus wie eine Wohnung oder ein Wohnhaus genutzt werden soll. Möchtest du in das Haus einziehen und dort dauerhaft wohnen, muss von einer Behörde eine Baugenehmigung erteilt werden. Ob es als Erst- oder Zweitwohnsitz genutzt werden soll, spielt keine Rolle.
Für das Tiny-House kann es aufgrund der geringeren Grundfläche oder des Abstellens auf Rädern in manchen Bundesländern Ausnahmen geben, die du weiter unten in diesem Artikel nachlesen kannst. Außerdem kann der Erhalt der Baugenehmigung einfacher sein, wenn die Voraussetzungen für ein einfaches oder vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren vorliegen. Hier erhältst du schneller eine Baugenehmigung, wobei die genauen Vorgaben vom Bundesland oder der Gemeinde abhängen. Hier musst du zunächst erfragen, ob ein vereinfachtes Verfahren für das Tiny-House infrage kommt. Weiterhin solltest du dich erkundigen, ob ein sogenanntes Bauanzeigeverfahren möglich ist. Bei diesem Verfahren erhältst du keine Baugenehmigung, sodass lediglich genehmigungsfreie Projekte infrage kommen. Auch diese Vorgaben sind vom Bundesland abhängig und für Brandenburg zum Beispiel in § 62 der Brandenburgischen Bauordnung festgelegt.
Was ist Voraussetzung für den Erhalt einer Baugenehmigung?
Falls du für dein Tiny-House eine Baugenehmigung benötigst, müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein. Dazu gehört unter anderem, dass das Grundstück für das Tiny Haus im Flächennutzungsplan der Gemeinde für dauerhaftes Wohnen ausgelegt ist. Für ein Waldgrundstück, das nicht im Flächennutzungsplan als Wohngebiet vorgesehen ist, wirst du auch für das Tiny-House keine Baugenehmigung erhalten.
Neben dem Flächennutzungsplan ist der Bebauungsplan entscheidend, ob eine Baugenehmigung für das Tiny-House ausgestellt wird. Im Bebauungsplan eines Gebietes ist unter anderem das erlaubte Aussehen der Häuser, eine erforderliche Ausstattung (z. B.) oder eine Mindestgrundfläche festgelegt. Entspricht das Tiny Haus nicht den Vorgaben des Bebauungsplans, benötigst du eine Ausnahmegenehmigung der Gemeinde, die selten vergeben wird.
Außerdem wird eine Baugenehmigung für ein unerschlossenes Grundstück von vielen Behörden abgelehnt und selbst ein Tiny-House nicht als Wohngebäude genehmigt. Benötigst du für das Aufstellen eines Mini-Hauses eine Baugenehmigung, ist der Erhalt der Genehmigung für ein erschlossenes Grundstück erheblich einfacher. Auch hier kann dir jedoch nur die zuständige Bauaufsicht eine verbindliche Aussage liefern, welche Voraussetzungen in deinem speziellen Fall vorliegen.
Beeinflusst die Nutzung Off-Grid eine Baugenehmigung für das Mini-Haus?
Die Nutzung Off-Grid ohne Anschluss an das Stromnetz oder das öffentliche Abwasser hat nach unseren Informationen keinen direkten Einfluss darauf, ob für das Tiny-House eine Baugenehmigung erforderlich ist. Stattdessen ist ausschlaggebend, ob bei dem Mini-Haus eine Wohnnutzung geplant ist. Allerdings kann es vorgeschrieben sein, dass für die Wohnnutzung ein Anschluss an das Stromnetz und den Abwasserkanal erforderlich ist. Ob das Tiny-House vollständig Off-Grid betrieben werden kann, hängt von der Nutzungsart sowie den Vorgaben der jeweils zuständigen Behörde ab.
Kann ich auf eine Baugenehmigung verzichten, wenn das Tiny-House auf Rädern bleibt?
Ähnlich wie bei der Nutzung Off-Grid macht das Aufstellen des Tiny-Hauses auf Rädern gegenüber dem Abstellen auf einem Fundament nach unseren Recherchen keinen Unterschied für die Notwendigkeit einer Baugenehmigung. Auch in diesem Fall ist die Nutzungsart entscheidend, ob du eine Baugenehmigung für das Mini-Haus benötigst.
Was ist beim Umzug des Tiny-Hauses zu beachten?
Falls du mit dem Tiny-Haus an einen neuen Standort umziehen möchtest, ist eine neue Baugenehmigung notwendig, falls diese bereits bei der alten Wohnnutzung erforderlich war. Entsprechend musst du einen Umzug im Voraus planen und klären, ob eine Genehmigung erforderlich ist und einen Antrag dafür einreichen.
Achtung: Jede Veränderung des Abstellortes gilt als baurechtlich relevant, sodass sogar bei einem Umzug auf dem gleichen Grundstück ein neues Verfahren notwendig sein kann. Auskunft dazu erhältst du bei der jeweils zuständigen Bauaufsicht.
Wie unterscheiden sich die Regelungen für Tiny-Häuser in den einzelnen Bundesländern?
Durch den Föderalismus in Deutschland mit verschiedenen Kompetenzen der Bundesländer gibt es Regelungen, die sich von Bundesland zu Bundesland unterscheiden. Ein Beispiel für Sonderfälle bei Tiny-Häusern ist die bayerische Bauordnung, bei der Artikel 57 Absatz 1 auf praktisch alle Mini-Häuser zutrifft. So legt der bayerische Gesetzgeber fest, dass Bauvorhaben für „Gebäude mit einem Brutto-Rauminhalt bis zu 75 m³, außer im Außenbereich“ verfahrensfrei sind. Gemäß dem bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr bedeutet dies, dass keine Baugenehmigung notwendig ist. Entsprechend musst du dich genau informieren, welche Regeln an deinem zukünftigen Aufstellort für das Tiny-House gelten. Für Potsdam sind zum Beispiel das Baugesetzbuch und die Brandenburgische Bauordnung (BbgBO) relevant, während es speziell für Mini-Häuser keine Sonderregelungen gibt.
Wie finde ich die zuständige Behörde für Informationen zu den Vorschriften für das Tiny-House?
Die zuständigen Behörden für die Bauvorschriften eines Tiny-Hauses sind in der Regel Baubehörden, Bauämter oder Bauaufsichten. Die entsprechenden Kontaktinformationen erhältst du auf der Webseite deiner Gemeinde oder kannst sie per Suchmaschine „Bauaufsicht Gemeindename“ recherchieren. Solltest du auf diesen Wegen keine Informationen finden, kannst du dich außerdem direkt per E-Mail oder Telefon an die zuständige Gemeinde wenden. Die Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung helfen dir gerne weiter, welche Behörden für Bauvorschriften zum Tiny-House zuständig sind.
Lokale Vorgaben und Behörden entscheiden über Baugenehmigung für Tiny-House
Bei unserer langen Recherche über eine Pflicht zur Baugenehmigung für das Tiny-House wurde deutlich, dass verbindliche Informationen zu individuellen Bauprojekten nur über die jeweils zuständigen Behörden möglich sind. Zwar ist gemäß unseren Informationen eine Baugenehmigung Pflicht, wenn du eine dauerhafte Nutzung als Wohngebäude vorsiehst. Darüber hinaus können im Einzelfall aber viele Fragen zu einem möglichen Antrag im vereinfachten Verfahren oder der Nutzung ohne Anschluss an das Stromnetz bzw. den Abwasserkanal offenbleiben. Deshalb empfehlen wir dir, dich bereits vor dem Kauf eines Tiny-Hauses mit der zuständigen Behörde in Kontakt zu setzen. Dort erhältst du mehr Informationen, was du beachten musst, ob dein Plan für das Tiny-House eine Baugenehmigung erfordert und welche Fallstricke dein Projekt beinhaltet.